Ich war 10 Jahre lang mit einem Film- und Theaterwissenschaftler liiert.
So etwas hinterlässt lebenslange Narben.
Beispielsweise gucke ich mir immer noch jedes Jahr die Oscar-Verleihung an, wenn es sich irgendwie einrichten lässt.
Dieses Jahr war ich ohnehin krank und somit tendenziell schlaflos - was lag also näher, als sich die Nachtstunden mit der Live-Übertragung aus dem Dolby-Theatre zu verkürzen, wenngleich ich noch nicht darüber hinweg gekommen bin, dass das Kodak-Theatre nun "Dolby" heißt und mich wie jedes Jahr, also quasi schon traditionell, über die Übertragung von Pro 7 ärgerte.
Nicht bei der Show selbst - da können sie nicht viel falsch machen, wird ja alles von der amerikanischen Kollegen diktiert und begeisternderweise wurde dieses Jahr auch darauf verzichtet, wegen extensiver Werbung für den Mauli-Klingelton nach jeder Werbeeinblendung zu spät zurück zur Übertragung zu schalten...
Ein Bonuspunkt.
Unerreicht jedoch und jedesmal wieder zum Verzweifeln (und, Gott, nein! Deswegen dennoch nicht kultverdächtig!) war der einzigartige, wunderprächtige Steven Gätjen, der nun schon zum neunten Mal antrat, um der Welt klarzumachen, dass noch der schlechteste Witz über Deutsche nicht annähernd schlecht genug ist.
Darüber hinaus war Steven dieses Jahr mit einer besonderen Mission auf dem roten Teppich unterwegs - all den Amateurstalkern da draußen zeigen, wie man ein Frau wirklich das Gruseln lehrt.
Gleich zu Anfang der Übertragung durften wir bewundern, wie Jessica Chastain die Züge entgleisten, als Steven sie nonchalant darüber informierte, dass er seit ihrem letzten Zusammentreffen nunmehr 1 Jahr lang am Berliner Flughafen auf sie gewartet habe.
Der geneigte Zuschauer hatte in diesem Moment nur zwei Gedanken:
1. Der dergestalt Belästigten einen Baseballschläger reichen, um ihr Sicherheitsgefühl zu erhöhen.
2. Steven Gätjen darüber in Kenntnis setzen, dass der Berliner Flughafen das ganze letzte Jahr nicht eröffnet worden war und er womöglich deshalb dort niemanden angetroffen hat.
Zumindest konnte er so auch keinen Schaden anrichten...
Andere Schauspielerinnen erfreute Steven mit der Nachricht, dass er sein Jacket nicht mehr gewaschen habe, seit sie es vor einem Jahr in Berlin kurz ausborgte.
Wir verbuchen das einfach mal unter Fetischismus. Kennt man ja.
Dies hatte dann auch prompt nachhaltigen Erfolg - keine schöne Frau wagte sich mehr in Gätjens Nähe - da konnte er "Charliiiize!!!" schreien, solange er wollte, Charlize Theron winkte nur ab. Sie hat keine Zeit. Keine Minute. Noch nicht einmal eine Sekunde. Nie mehr...
Eine kluge Frau.
Die Oscars selbst blieben ansonsten eher unspektakulär.
Seth MacFarlane war enttäuschend zahm, die Show ohne große Höhepunkte und die Preisvergabe mit den üblichen Überraschungen und Möchtegern-Überraschungen ausgestattet.
Lincoln wurde mit lediglich 2 Oscars Ausbeute aus 12 Nominierungen (einer davon auch noch in einer Nebenkategorie) veritabel abgewatscht,
Skyfall bekam stellvertretend für 50 Jahre James Bond die Ei....ähm ...Ohren gekrault und mit
Life of Pi meinte man es insgesamt gut - der Oscar für Ang Lee war aber auch mal wieder überfällig!
Sieger des Abends wurde nichtsdestotrotz
Argo, den ich bisher noch nicht mal zur Kenntnis genommen hatte. Ich nehme an, er ist politisch korrekt und wertvoll, jedenfalls durfte am Ende des Spektakels Michelle Obama persönlich live aus dem Weißen Haus den Oscar für Best Picture an seine Produzenten Ben Affleck, George Clooney und Granz Heslov verleihen bzw. verlesen.
Das ist mir persönlich ein bisschen zu amerikanisch-patriotisch, aber jedem so, wie es ihn glücklich macht.
Ich hatte beim Auftauchen der First Lady ohnehin eher mit einer Oscar-Vergabe an
Zero Dark Thirty gerechnet, aber vermutlich wollte man sich eine erneute Debatte darüber, ob die Eliminierung Bin Ladens, bzw. die filmische Reminiszenz daran, eine Wahlhilfe für Obama dargestellt hatte, dann doch ersparen.
Mich hätte die Vergabe ja jenseits solcher Nebenüberlegungen gefreut, ich schätze die Arbeit von Kathryn Bigelow sehr, aber wie jedes Jahr hat die Academy auch diesmal versäumt, mich in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.
Schade eigentlich, denn ich helfe gern.
Ich verbleibe somit damit, meine Dienste für's nächste Jahr anzubieten - First Class-Flug und entsprechende Kost und Logis, sowie adäquate Entlohnung natürlich vorausgesetzt.
Auch ein Helferkomplex muss in vernünftigen Grenzen gehalten werden.
In diesem Sinne: Ich werde euch 2014 vom roten Teppich aus zuwinken.
Mit dem Baseballschläger für Steven...
Sicher ist sicher.