Dienstag, 21. Juli 2009

Zeitverschwendung


Heute mal wieder in Sachen Buchkritik - nicht im Rahmen eines Projektes, nicht aus Zuneigung zu einem Autor - nein, die nun folgende Rezension ist mir einfach ein Herzensbedürfnis...

Alles beginnt damit, dass ich - ich gestehe es - einen dummen Fehler gemacht habe. Ich habe auf die Empfehlungen diverser Feuilleton-Redaktionen gehört und ein Buch gekauft UND dann auch noch gelesen, welches dort kategorisch hochgelobt wurde. Ich habe Germanistik studiert. Ich hätte es besser wissen müssen.

Aber nein. Dachte ich mir doch tatsächlich, wenn es sooo gelobt wird, kannst du's doch auch mal lesen. Ein Anfängerfehler. Und so bin ich nun stolze (???) Besitzerin von Thomas Glavinics Machwerk "Die Arbeit der Nacht" und kann meinen Lesern nach der Lektüre eigentlich nur eins mitteilen: Was für eine unsagbare Zeit-, Geld- und Papierverschwendung!

Mal ehrlich - jeder Baum, der dafür gestorben ist, dass dieses Buch gedruckt werden konnte, starb nicht nur umsonst, nein, er hätte auch tausend nützlichere Dinge mit seinem Leben tun können. Auf die Gleise fallen und ein Zugunglück verursachen zum Beispiel. Dadurch wären deutlich weniger Menschen geschädigt worden als es nun bei der Lektüre dieses 400seitigen Abgesangs auf die Ödnis passiert!

Die Handlung ist schnell erzählt. Der Held erwacht eines Morgens und stellt fest, dass keine Zeitung gekommen ist, TV, Radio und Internet nicht funktionieren und sich auch keine Menschenseele außer ihm blicken lässt. All das passiert auf der ersten Seite. Ich fand es originell und war gespannt, was noch passieren würde. Die Antwort darauf ist einfach.
NICHTS!
Unser Held stellt fest, dass er der letzte / einzige Mensch bzw. sogar das einzige Lebewesen auf Erden zu sein scheint und stolpert sodann über 400 Seiten durch ein menschenleeres Österreich, schreibt Briefe an sich selbst, hinterlässt Nachrichten und wird zunehmend paranoid. Zwischendurch lebt er noch mittels Vandalismus ein paar verdrängte Aggressionen aus und installiert an allen möglichen und unmöglichen Orten Kameras, deren Aufzeichnungen er sich dann stundenlang ansieht. Überraschenderweise sieht er wenig Handlung. Was ihn aber nicht daran hindert weiterzumachen. Und weiter und weiter und weiter.

Spätestens ab der Mitte des Buches beginnt der geneigte Leser zu verzweifeln. Irgendetwas müsste doch mal passieren, oder? Aber nein. Der Held filmt und beobachtet, schreibt und verfällt dem Wahnsinn und so weiter und so weiter und so fort.
Nach 2/3 des Buches wird diese Beschreibung so nervtötend, dass man sich auch als Leser langsam ein wenig paranoid zu fühlen beginnt und bei jedem Geräusch aufschreckt. Dadurch kommt wenigstens noch ein bisschen Spannung zu Stande. Aber auch an die hat man sich schnell gewöhnt und weiter geht's in gähnender Langeweile.

Wenn man dann glücklich überzeugt ist, dass es wirklich nicht mehr sinnfreier werden kann, besucht der Held übrigens einen Friedhof, buddelt seine tote Nachbarin aus, freut sich, dass zumindest die Leichen noch da sind und gräbt sie wieder ein. Erkenntnis aus der Geschichte? Folgen? Reflexionen? Psychologie? IRGENDETWAS???
Natürlich nicht.

Als der Held dann allmählich auch noch suizidal wird, stellt sich (bei mir zumindest) keinerlei Mitleid ein, sondern nur die Hoffnung darauf, dass sich das Buch endlich seinem Ende nähern könnte. Das tut es dann auch. Wer jetzt allerdings hofft, dass wenigstens zu diesem noch ein paar Worte über Sinn und Zweck der vergangenen 400 Seiten fallen könnten, der hofft vergebens und so bleibt einem nur, das Buch beiseite zu legen und dann den Kopf ein paar mal kräftig gegen die Wand zu schlagen. Mit Glück löst man dadurch eine Amnesie aus und vergisst diesen faszinierenden Roman schnell wieder...

20 Kommentare:

Kaffejunkie hat gesagt…

Das schlimme an solch "wunderbaren" Werken ist, dass sie einem leider oft länger im Gedächtnis bleiben als die, die man an einem Abend verschlungen hat.

Wie kam es eigentlich dazu das der Held alleine war?

Stumpfi hat gesagt…

wird bestimmt noch verfilmt..hihi

Alexandra hat gesagt…

WoW... Respekt, du hast es dennoch fertig gelesen, ich hätte es schon lang in die Ecke gepfeffert *gg* Und ich stimme Stumpfi zu, das wird verfilmt *gröhl*

Der Imperator hat gesagt…

Danke für die prägnante Zusammenfassung und die damit verbundene Zeitersparnis aber wahrscheinlich hätte ich es eh nicht gelesen.

@Stumpfi und Alexandra
Wurde es bereits. Genau gesagt drei mal.
The Last Man on Earth (1963)
Der Omega Man (1971)
I am Legend (2007)

Diese Filme basieren alle auf dem selben Buch (I am Legend) von Richard Matheson und haben sicher einen höheren Unterhaltungswert als das von Fuchsi vorgestellte Schundwerk.

Alexandra hat gesagt…

@ Der Imperator:I am Legend an den hab ich grade auch gedacht... den hab ich gesehen hab ihn aber sicher besser gefunden als das Buch das sie hier beschrieben hat, die anderen kenn ich gar nicht *ggg*

Gabriela hat gesagt…

Da lob ich mir *die Wand* ( M.H.), die das Thema schon lange zuvor als Basis hatte.
Bei deinem Beispiel diente die Wand ja nicht als Vorlage sondern eher als Gegenklatsche, danke für die Warnung ;-)

Unverschwendete Grüße :-)

thg hat gesagt…

herrlich, vielen dank für diese kritik, die war vermutlich mehr wert als das ganze buch. und ganz nebenher hat sie mich auch noch zum grinsen gebracht.

aber vielleicht ist auch gerade die intention des autors, beim leser einfach gähnende langeweile, ödniss und leere hervorzurufen? :D

rebhuhn hat gesagt…

analog zu Gabriela ist mir da auch gleich die wand von marlen haushofer eingefallen... kennst du es? magst du es? ich zumindest mochte es.

RUDHI Rüscher hat gesagt…

Gute Kritikerin, Fuchsi! Seller entpuppen sich ja meistens als Ersatz-Briketts (Lichtenberg sagte mal, dass nach Abholzung aller Wälder wir wenigstens noch genug Bücher zum Heizen hätten), sind aber schreibtechnisch interessant, und ich frage mich dann auch immer, 'Quo vadis' Gesellschaft...

Rea hat gesagt…

Autsch... das klingt wirklich nach einem "Bestseller"...
Definitiv eines der Bücher, das ich mir niemals antun werde.
Danke für die Warnung.

Hans hat gesagt…

"Quiet Earth" aus den 80igern das ist der Film zum Buch!

Madse hat gesagt…

Hmm Der Endzeitanfang klingt ja wirklich spannend, aber wenns dann auf sowas hinauslaeuft, bleibt nur eins zu sagen: danke, dass du uns vor einem solchen... Ding gewarnt hast.

Undomiel hat gesagt…

Hihi, wieso kaufst Du Dir auch Bücher, die vom Feuilleton gelobt werden? Wenn ich boshaft wäre, was ich selbstverständlich nicht bin, würde ich sagen "Selber schuld!"

Aber die Kritik hast Du sehr schön geschrieben.

Ach ja: ich bin wieder daaa-haaa!

Heinz-Peter Heilmann hat gesagt…

Es täte mich freuen, wenn Du auch im Bücher-Blog rezenzieren würdest... :-)

Nordlicht hat gesagt…

Dann ist doch das Buch eine gute Spende für die Altpapiersammlung! Es gibt viele solche Schrottbücher, oder dann habe ich keine Ahnung vom Lesen oder eine Geschmacksverstauchung...

Heinz-Peter Heilmann hat gesagt…

Gute Literatur ist Geschmackssache und keine vorgegebene Konvention im Stile der intoleranten Vorgabe eines pseudointellektuellen Reich-Ranickis als Stellvertreter aller Feuilletonisten.

DMJ hat gesagt…

Der, die alternative Verwendungsmöglichkeit des Baumes beschreibende Absatz ist eines der schönsten Stücke Literaturkritik, die ich je gelesen habe!

Eine gute Umsetzung der Grundidee des Buches ist übrigens der Film "Quiet Earth - Das letzte Experiment", welcher über die Idee hinaus auch Handlung und sogar eine Erklärung bietet.

DMJ hat gesagt…

Huch!

Ich sehe gerade, dass Hans meinen Punkt ja schon erwähnt hat.

- Nehme man ihn als zusätzlichen Zeugen, auch wenn er zu erwähnen vergaß, wie gut der Film ist.

Fuchsi hat gesagt…

Kaffeejunkie, recht hast du - ich fürchte auch, dass ich das Ding so leicht nicht vergessen werde... :(
Wie es dazu kam, weiß leider kein Mensch und es gibt auch keine Erklärung. Es ist halt so... *seufz*

Stumpfi, der Stoff ist ja beliebt - aber ich hoffe mal, dieses spezielle Buch bleibt uns erspart! :/

Alexandra, ich bringe es ja einfach nicht über's Herz, Bücher nicht zu Ende zu lesen... ;)

Imperator, gerne doch. :)
"I am legend" habe ich auch gelesen und dachte mir, das Machwerk könnte eine interessante Variante sein... Was für ein Trugschluss!

Gabriela, gerne. :) Ja "Die Wand" hab ich auch gelesen und genossen - das war dann doch ein anderer Rang Buch!

thg, das freut mich zu hören! :)
Oje, ja, im Zweifelsfall wird ja dann gern behauptet, dass es langweilig sein MUSS. ^^

rebhuhn, siehe oben. Ja, ich kenne es und mag es gern. :)

Rudhi, vielen Dank. :)
Ja, das Lichtenberg-Zitat ist bei sowas immer sehr passend. Ob ich es dann aber über's Herz bringe, selbst dieses Buch als Grillanzünder zur Verfügung zu stellen... Ich und mein weiches, bücherliebendes Herz... ;)

Rabentochter, gerne. :)
Ja, ich bin auch imer begeistert, was anspruchsvolle Kritiker in solchen Werken sehen...

Hans, ich find's ja nicht schlimm, wenn Autoren klauen, aber dann doch bitte gut! ;)

Madse, ja, das fand ich auch...
Aber leider ist der Anfang auch das einzig interessante...

Undomiel, sag bloß, euer Rechner geht wieder???
Du weißt doch, als Germanist MUSS man sich sowas manchmal einfach geben. Und außerdem leide ich doch gern... ;)

HP, das kann ich gerne tun. :)
Deinen Worten über Literatur stimme ich zu - aber Herr Reich-Ranicki und ich sind ohnehin keine Freunde. ;)

Nordlicht, ein lieber Freund von mir sagte immer den schönen Satz "Lesezeit ist Lebenszeit" - es ist also völlig legitim, sich nicht mit Lteratur abzugeben, die einen nicht begeistert. :)

DMJ, ein Lob von einem Kollegen der schreibenden Zunft freut mich natürlich besonders. :)

Paramantus hat gesagt…

Oh Mann... Und solche "Autoren" verdienen auch noch Geld damit.